Das Thema Fruchtbarkeit liegt vielen am Herzen, und Akupunktur sieht weibliche Reproduktion als Zusammenspiel verschiedener Organe. In diesem Artikel geht es darum, wie das Herz, die Nieren und die Gebärmutter als zentrales Trio unser Fortpflanzungssystem steuern – und wie wir als TCM-Therapeuten mit gezielter Punktauswahl den Weg zu mehr Gleichgewicht ebnen.
Wichtigste Erkenntnisse auf einen Blick:
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Herz, Nieren und Gebärmutter stehen in engem Zusammenhang
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Die TCM sieht die Nieren als Fundament der Fruchtbarkeit
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Akupunkturpunkte des Unterbauches spielen eine wichtige Rolle
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Die Leber und Milz sind stark in Zyklusregulation involviert
Das Herz als «Herrscher» der Hormone
In der TCM vergleichen wir das Herz gern mit einem Kaiser, der Körper, Geist und Zyklus lenkt. In der westlichen Medizin übernehmen Hypothalamus und Hypophyse viele dieser Aufgaben. Das Herz speichert unser „Shen“ – den Geist – und beeinflusst dadurch Menstruation, Stimmung und Denken.
Herz-Punkte wirken entspannend, gerade bei Nervosität oder Angst. Wenn Stress auf den Magen schlägt, kann dies die Herzenergie stören – klassisches Beispiel: Herzklopfen nach fettem Essen oder emotionaler Belastung.
Tipp aus der Praxis: Wenn Magenthemen dominant sind, behandeln wir oft eher das Perikard (Herzbeutel) statt direkt das Herz. Diese beiden Bahnen sind über Nebenkanäle verbunden und bieten so mehr Flexibilität bei der Punktauswahl.
Die Niere – Kraftquelle für die weibliche Gesundheit
In der TCM gelten die Nieren als Ursprung der Lebensenergie („Jing“) und halten Yin sowie Yang im Gleichgewicht. Diese Essenz ist für die Entwicklung der Frau von Jugend bis zur Menopause entscheidend. In der westlichen Sprache könnten wir sagen: Die Nierenenergie entspricht teils der Funktion von Hormonen, insbesondere im Hinblick auf Eierstöcke und Hormonhaushalt.
Wichtige Funktionen der Nierenenergie:
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Starke Nieren – regelmässiger Zyklus
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Reichtum an Nierenessenz – gesunde Eizellreifung
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Harmonisches Yin & Yang – gute Libido, stabile Hormone
Besonders Akupunkturpunkte unterhalb des Nabels stärken die konstitutionelle Energie. Zum Beispiel werden Punkte am «Chong Mai» (Penetrationsgefäss) genutzt, um weibliche Beschwerden wie Zyklusstörungen oder Unfruchtbarkeit direkt zu beeinflussen.
Tabelle: Nieren-Punkte und deren Wirkung
Punkt |
Hauptwirkung |
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Niere 14 |
Löst Stagnation |
Niere 15 |
Baut Nieren-Yang auf |
Ren 4 |
Stärkt Grundkraft/Vitalität |
Ren 7 |
Wirkt ausgleichend auf Geist |
Herz und Niere – das Wasser-Feuer-Gleichgewicht
Herz steht für „Feuer“, Niere für „Wasser“ – beide brauchen sich gegenseitig. In der Symbolwelt steht diese Achse für Leben und Vitalität. Was bedeutet das?
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Niere kontrolliert das Herzfeuer, verhindert Unruhe
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Herzfeuer bewegt das Nierenwasser, sorgt für Schwung
Schon mit wenigen gezielten Nadeln lässt sich das Gleichgewicht von Feuer und Wasser, Yin und Yang, stabilisieren.
Die Rolle von «Curious Organs» und weitere wichtige Kanäle
In der TCM gibt es eine eigene Gruppe für Gebärmutter, Eierstöcke, Eileiter und Zervix – die sogenannte „Curious Organs“. Hier haben besonders die Gallenblase und weitere Leitbahnen eine Brückenfunktion.
Beispiel aus der Praxis:
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Die Gallenblasenbahn zieht bis zum Becken, stützt die Gebärmutter und beeinflusst Menstruation sowie Fruchtbarkeit.
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Punkte auf dem «Dai Mai» (Gürtelgefäss) helfen bei Zyklussstörungen und können Entzündungen vorbeugen.
Leber und Milz – Regulatoren von Blutfluss und Rhythmus
Die Leberbahn umkreist Uterus und Genitalien und ist für die Steuerung der Zykluszeit verantwortlich. Sie speichert Blut und reguliert den Qi-Fluss.
Die Milz dagegen hält das Blut in den Gefässen und ist unser “Manager” für Blut und Energieproduktion. Besonders bei Zwischenblutungen oder Blutmangel schauen wir auf die Milz.
Übersicht häufiger Punkte:
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Leber 13 & 14: Regulieren Zyklus, lösen Verkrampfungen
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Milz 6 & 10: Bauen Blut und Qi auf, lindern Bauchschmerzen
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Ren Mai 3, 4, 6: Regulieren Uterusfunktionen
Praktisches Vorgehen in der Behandlung
Wenn eine Patientin wegen Zyklusproblemen oder unerfülltem Kinderwunsch kommt, gilt für uns:
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Genaue Puls- und Zungendiagnose
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Beobachtung des Zyklus – oft per Basaltemperatur-Kurve
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Auswahl der passenden Leitbahn, um die zugrunde liegende Disharmonie gezielt zu regulieren
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Einbeziehung mindestens zweier Zyklen, um Veränderungen zu dokumentieren
Kleiner Tipp aus dem Alltag:
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Je nach Thematik behandeln wir 2x wöchentlich über 2-3 Zyklen hinweg, um eine stabile Wirkung zu erzielen.
Die Stärke der TCM liegt darin, das grosse Ganze zu betrachten. Jedes Organ und jeder Kanal hat seinen Anteil, und oft sind es kleine Schritte, die zusammen zu dauerhaft besseren Ergebnissen führen.
Fragen zur Akupunktur beim Thema Fruchtbarkeit? Schaue dir die Artikel unter Kinderwunsch in meinem Blog an. Dort findest du viele weitere Infos, Erfahrungsberichte und praktische Tipps rund um die Behandlungsmöglichkeiten bei Kinderwunsch mit Akupunktur und TCM.